Mittwoch, 7. Dezember 2016

florida


florida im dezember ist, zumindest was das wetter angeht, eine simulation, gestaltet um leichte depressionen zu lindern: palmen, sonnenschein, angenehme 27c, leuchtend blauer himmel, leichte brise und riesengroße monarchfalter. die strände sind sehr weit, manchmal mit muscheln statt strand. in miami kann man zwischen kubanischer subkultur, south beach und art basel den kontakt zur realität wunderbar verlieren, während man mit dem rad am strand entlang fährt. dabei ist das alles sehr fragil, die kruste der zivilisation dünn.  man hält am highway an irgendeinem tümpel an und da liegt dann ein dutzend alligatoren, und zwar richtig großer. in den everglades kreisen truthahngeier über einem und plötzlich liegt ein riesengroßer (toter) python am wegesrand. vor planned-parenthood-kliniken demonstrieren tatsächlich alte männer mit  albernen schildern, im talkradio finden leute trump super und halten dick cheney für den besten vize-präsidenten, den es je gab, dazwischen läuft werbung für schießstände mit kostenlosem eintritt für frauen und ar-15-shopping-events. man trifft menschen, die durch einen schlaganfall finanziell (und körperlich) ruiniert wurden. am pulse-club in orlando liegt verzweifelte, selbstgebastelten kunst in regenbogenfarben, und die 49 menschen sind immer noch tot. selbst gebildete leute nennen sklaven "the help" und man kann als eine mahlzeit chicken wings mit und ohne knochen und kleine mini-hamburger ordern. alle räumlichkeiten sind so runtergekühlt, als gäbe es genug fossil fuel für alle, für immer. die einzige solaranlage, die ich gesehen habe, war bei der nasa, dabei scheint die sonne dauernd. es ist alles ein bisschen banal und konsum. eigentlich wollte ich mit niemandem über politik reden in diesem urlaub, aber daran bin ich gescheitert, denn alle guten menschen fragen natürlich gleich: "so how crazy do you think we are?" "very."